Mit einer Bilanzsumme von 1,3 Milliarden Euro ist die Deutsche Bank mit Abstand das größte Finanzinstitut in Deutschland. Ihre Entscheidungen haben Signalwirkung für die gesamte Branche. Deshalb ist es beachtenswert, dass das ehrwürdige Geldhaus jüngst einen Kurswechsel vollzogen hat. Beim Thema Kryptowährungen hatte die Deutsche Bank lange Zeit gezögert. Zu riskant schien das Geschäft mit Werten wie dem sprunghaften Bitcoin, zumal sich die Bank noch immer vom Imageverlust aus der Finanzkrise von 2008 erholte. Nun engagiert sich die Deutsche Bank endlich doch bei digitalen Vermögenswerten – und das gleich mehrfach.
Umfangreiches Krypto-Portfolio
In einer richtungsweisenden Entscheidung hatte die Deutsche Bank schon im Juni eine Kryptoverwahrlizenz bei der deutschen Börsenaufsicht BaFin beantragt. Die Lizenz ist die Voraussetzung dafür, dass Geldinstitute Kryptowährungen und ähnliche Werte für ihre Anleger verwalten dürfen. Jetzt nehmen die Pläne erstmals eine konkrete Form an: Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete, geht die Deutsche Bank eine Partnerschaft mit dem Schweizer Krypto-Unternehmen Taurus ein. Das Unternehmen soll zukünftig digitale Assets für die institutionellen Anleger der Bank verwalten. Schon Anfang des Jahres hatte die Deutsche Bank sich bei einer Finanzierungsrunde mit 65 Millionen US-Dollar an Taurus beteiligt. Die Weichen für eine enge Zusammenarbeit sind also gestellt. Das ist aber noch nicht alles. Wie Anfang des Jahres bekannt wurde, arbeitet die Deutsche Bank auch mit der Memento Blockchain an einer Lösung für digitale Fonds und Anlagen. Das Fondshaus DWS, eine Tochter der Deutschen Bank, ist ebenfalls Teil der Strategie. Das Unternehmen kooperiert mit dem Unternehmen Galaxy Digital, um Krypto-Finanzprodukte für Privatanleger zu entwickeln.
Das Ringen um die Blockchain
Die Deutsche Bank ist nicht der erste große Player aus dem Finanzwesen, der auf Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie setzt. Im Laufe des letzten Jahres haben beispielsweise auch die französische Société Génerale und die amerikanische BNY Mellon Blockchain-Produkte in ihr Portfolio aufgenommen. Auch der größte Investmentfonds der Welt, BlackRock, beantragte vor einigen Monaten die Zulassung eines neuartigen Bitcoin-Fonds. Gleichzeitig kommt von Seite der Regulierungsbehörden derzeit oft Gegenwind für die neue Technologie, wie Analyst Patrik Eberle von coin-update erklärt: Die weltweit größte Krypto-Börse Binance musste kürzlich ihren Zulassungsantrag bei der deutschen BaFin zurückziehen. Und die US-amerikanische Finanzaufsicht SEC versucht derzeit, durchzusetzen, dass Kryptowährungen wie Ripple als herkömmliche Wertpapiere reguliert werden. Die Blockchain-Technologie ist aktuell unter so viel Druck wie noch nie zuvor. Gleichzeitig investieren die Schwergewichte der Finanzbranche immer stärker in die Blockchain. Das macht den Verfechtern der Technologie Hoffnungen, dass ein großer Durchbruch bevorsteht.
Digitale Assets als Zukunftsperspektive
Wenn der Einstieg der Deutschen Bank in das Krypto-Geschäft gelingt, wäre das nicht nur ein wichtiges Signal für die Krypto-Märkte und für die deutschen Finanzmärkte. Auch das Image des Geldhauses selbst könnte davon profitieren. Aktuell steht die Deutsche Bank wegen Problemen bei der Migration des IT-Systems des Tochterunternehmens Postbank in der Kritik: Nach einem Systemwechsel im Juli waren Tausende von Nutzern wochenlang von ihren Konten ausgeschlossen. Die BaFin kündigte in einer Pressemeldung vom 4. September an, dass sie die Vorfälle untersuchen werde. Auch der Aktienkurs der Deutschen Bank stand in letzter Zeit unter Druck, und das, obwohl das Unternehmen 2022 Aktien im Wert von mehr als 200 Millionen Euro zurückgekauft hatte. Für 2023 hat das Management sogar angekündigt, dass es 450 Millionen Euro in den Rückkauf von Aktien investieren würde. Ein Erfolg im Krypto-Geschäft würde Kunden und Anlegern zeigen, dass die Bank für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gut aufgestellt ist, und dass das Management notwendige Modernisierungsmaßnahmen angeht.
Zwiespältiges Verhältnis zu Kryptowährungen
Trotz alldem hat die Deutsche Bank ein gespaltenes Verhältnis zu Kryptowährungen. Privatkunden rät das Geldinstitut immer noch davon ab, Bitcoin oder andere Coins zu kaufen. Der Argwohn dürfte zumindest teilweise davon herrühren, dass Kryptowährungen eine Bedrohung für das Geschäftsmodell von Banken sind. Denn die Besitzer einer Kryptowährung können das Geld in der Regel in einem eigenen Wallet aufbewahren und Transaktionen selbst durchführen. Sollten Kryptowährungen sich jemals als Zahlungsmittel etablieren, würde das dem Hauptgeschäft der Banken schwer zusetzen. Gelingt es der Deutschen Bank, ein erfolgreiches Geschäftsmodell rund um digitale Assets aufzubauen, dürfte die Skepsis aber schnell weichen. Das Potential ist da: Schätzungen zufolge besitzen schon heute rund 7 Millionen Deutsche Bitcoin. Dieses Geschäft hat die Bank bislang anderen überlassen. In Zukunft kann sie sich das möglicherweise nicht mehr leisten.
In jedem Fall nimmt das Blockchain-Engagement der Deutschen Bank nun an Fahrt auf. Investitionen im dreistelligen Millionenbereich machen das Bankhaus schon jetzt zu einem der größten Player in Deutschland bei digitalen Assets, obwohl dabei bislang nur wenig Konkretes herausgekommen war. Sowohl Krypto-Anleger als auch andere Banken werden jetzt gespannt darauf blicken, wie sich das Engagement der Deutschen Bank entwickelt.
Author: Philip Harper
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